Unsere Pfingstfahrt in die Wasserstadt Leipzig führte wieder in die Kanustation des Kanuvereins SG Motor Leipzig West. Dieser Verein befindet sich direkt am Pleißewehr Connewitz mit einer schönen Rutsche. Leider hat man dem Verein aus Naturschutzgründen untersagt, dass direkt an der Pleiße gezeltet werden darf, aber inzwischen haben sich die Sportfreunde darauf eingestellt und unmittelbar neben dem Bootshaus eine weitere Wiese erworben. Hier können Wohnwagen und Schlafbusse auf einer splittbefestigten Fläche stehen. Nur Ute und Rainer zelteten unmittelbar am Wehr und ließen sich vom Rauschen des Wasserfalls in den Schlaf wiegen.
Wegen negativer Stauerfahrungen des Vorjahres reisen alle Teilnehmer der Pfingstfahrt bereits am Vormittag vom Bootshaus über die A9 in Richtung Leipzig und so gelangen alle bis zum frühen Nachmittag problemlos an. Nur Wolfgang verließ sich auf sein Navi und fährt über die Abfahrt Leipzig Mitte durch die ganze Stadt von Nord nach Süd. Das ging zwar nicht ganz so zügig, allerdings können Sabine und Wolfgang so viele Gäste in ihrer abenteuerlichen bzw. phantasievollen Kostümierung des Wave-Gotik-Treffens auf den Leipziger Straßen sehen.
Die Einzige, die den Kanu-Fisch-Pass am Connewitzer Wehr noch nicht gefahren war, war Claudia. Und da der Nachmittag noch lang war, überredet Wolfgang Claudia zu einer Testfahrt. Wolfgang fuhr vorweg und Claudia nimmt ihren ganzen Mut zusammen und fährt hinterher. Klasse, es klappte hervorragend. Allerdings wollte sie dieses Abenteuer am nächsten Tag nicht ihrem Hund zumuten und stieg lieber unterhalb des Wehres ein.
Die Fahrtenleiterin Christine hatte Wolfgang gebeten, die Führung auf den Leipziger Gewässern zu übernehmen. Anhand der Wasserwanderkarte von Leipzig erläutert er dann die vorgesehenen beiden Routen.
Auf dem nachstehenden Plan ist ersichtlich, was in der Wasserstadt bereits paddelbar ist und was in den nächsten Jahren noch zu erwarten ist.
https://www.bgmr.de/de/projekte/WTNK
Vor dem Start formieren wir uns zu einem schönen Erinnerungsfoto zwischen unseren Booten.
Danach setzen wir oberhalb von Schleuse, Wehr und Rutsche ein. Wolfgang fährt als erster im KII die Rutsche talwärts, wendet anschließend, um alle Helden zu filmen und zu fotografieren.
Der Vorfahrer Wolfgang im Kanu-Fisch-Pass
Gabi Christine
Petra Rainer
Anne Ute
Thomas Lutz
Siegerpose von Christine
Alle waren von dem kleinen Abenteuer hoch begeistert, was Christine auch anzusehen ist. Jetzt geht es 500 m abwärts bis zum Elsterflutbett. Dort wird um 180o gewendet und es geht 2 km aufwärts bis zum Steg des Leipziger Kanu Klubs. Hier müssen alle, die zur Weißen Elster wollen, umtragen, dementsprechend groß ist auch beim heutigen Betrieb auf dem Wasser der Andrang.
Unter der Brücke vom Schleußiger Weg trifft Christine noch ihre Tochter Anja mit Enkelin Mila und bespricht letzte Infos für den Abend.
Christine mit Tochter Anja und Enkelin Mila unter der Brücke vom Schleußiger Weg
Betreutes Paddeln an der Umtragestelle
Auf den nächsten 500 m haben wir etwas Strömung und sollten bei dem heutigen Wasserstand auch die Außenkurven fahren. Links von uns befindet sich der Volkspark Kleinzschocher. Kurz hinter der Schleußiger Brücke befindet sich die Wiege vieler unserer Vereinsboote – der Bootsshop Herold. Heute verdient er sein Geld mit einem Bootsverleih und Motorbootrundfahrten durch den Leipziger Westen.
Motorbootstation, Bootsshop und Bootsverleih Herold
Wir sind am Abzweig zum Karl-Heine-Kanal. Der Leipziger Rechtsanwalt und Industriepionier Carl Heine wollte einen Schifffahrts-Kanal von der Weißen Elster bis zur Saale anlegen. Mit dem Kanalbau wurde 1856 in Plagwitz an der Weißen Elster begonnen. Im Juni 1864 wurde der erste Abschnitt des Kanals eingeweiht, 1898 wurde dann das vorerst letzte Teilstück in Betrieb genommen, welches kurz vor dem Lindenauer Hafen endete. Erst 2015 erfolgte nach dem erfolgreichen Durchstich zum Karl-Heine-Kanal auch der Anschluss des Lindenauer Hafens. Der weitere Anschluss an den Elster-Saale-Kanal bleibt wohl wegen mehrerer wasserbaulichen Abhängigkeiten Zukunftsmusik. Wenn sich auch die Leipziger Wassersportler über die Anbindung ihrer Stadt an das Wasserstraßennetz Deutschlands freuen würden, so stünde doch zu befürchten, dass dann auch dem Motorbootverkehr Tür und Tor geöffnet würden, was gegenwärtig nur einigen wenigen Fahrgastschiffbetreibern zugestanden wird. Erfreuen wir uns also am gegenwärtigen Zustand und bewundern die insgesamt 16 Brücken über den 3,3 km langen Wasserweg.
Gleisbrücke des ehemaligen Industriegleises P VIII, bebaut mit der Riverboat-Bühne
Die König-Albert-Brücke
Die starke Befahrung mit Sportbooten und auch Fahrgastschiffen hat die vielen Wasservögel gegen diese Störenfriede immun gemacht und es gelingen spektakuläre Fotos von diesem Graureiher.
Graureiher im Karl-Heine-Kanal (ohne Zoom fotografiert), der flog nicht weg
Im Lindenauer Hafen finden wir eine Aussatzstelle für unsere Mittagspause.
Mittagspause mit Blick auf die seit 1990 ungenutzten Speicher
Blick auf die Philippuskirche
An der Weißen Elster wieder angekommen, erscheint vor uns eines der gelungensten Beispiele rekonstruierter Industriearchitektur. Die Sächsische Wollgarnfabrik – das größte Industriedenkmal Deutschlands – wurde ab 1999 zu Loftwohnungen umgebaut.
Loftwohnungen in Leipzig-Plagwitz an der Weißen Elster
Ein pfiffiger italienischer Wirt hat sogar drei echte venezianische Gondeln nach Plagwitz importiert, so dass sich die Chance bietet, einen romantischen Hauch Venedig zu genießen. Mancher Leipziger spricht bereits verschmitzt von Leipzig als ein “Klein Venedig”, womit die Stadt neben “Klein Paris” über einen weiteren Kosenamen verfügt.
La Gondula in Leipzig zu venezianischen Preisen (hier für 98,--€)
Die folgende Strecke bis zum Leipziger Stadthafen ist die am dicht befahrenste, Kajaks, Canadier und Motorbootrundfahrten erfordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Nach einem Kilometer haben wir bereits das Palmgartenwehr erreicht. Wir halten einen respektvollen Abstand, hatte es doch hier im April 2008 einen schlimmen Unfall mit einem Ruderboot während einer Ruderregatta gegeben
Palmgartenwehr Unterwasser
Wir biegen in den Elster Mühlgraben ab. An seinen Ufern befinden sich eindrucksvolle Stadtvillen ehemaliger Leipziger Großindustrieller, wie die Baedecker Villa, die Villa „Zur Julburg“, Villa Blüthner und Villa Meyer sowie das Bootshaus des „Akademischen Rudervereins“.
Am vorläufigen Ende des Mühlgrabens ist der Stadthafen eine riesige Baustelle. Seit 2023 wird der kleine Hafen am Elstermühlgraben zu einem großen umgebaut. Auf dem knapp 13.800 Quadratmeter großen Areal entsteht ein neues Hafenbecken mit 4.000 Quadratmetern Wasserfläche. 36 Steganlagen sollen zur Miete bereit stehen, neun Plätze für Fahrgastschiffe.
Stadthafen vor der Erweiterung, links hinten das unfahrbare Wehr mit dem Blüthnersteg
Den Autor dieses Berichtes hat aber mehr interessiert, wie geht es hinter dem Stadthafen weiter. Bisher hat nämlich dort ein unbefahrbares Wehr die Weiterfahrt verhindert. Leider konnte hier auch eine intensive Internetrecherche kein Licht ins Dunkel bringen. Bis jetzt wurden einige verrohrte Abschnitte des Elstermühlgrabens geöffnet. Mit einem letzten Bauabschnitt soll aber der Elstermühlgraben bis zum Sommer 2026 vollständig geöffnet sein und das Paddeln Richtung Rosental wird dann nach rund 20 Jahren Bauzeit am Elstermühlgraben endlich möglich. Auch das Angerwehr am Ranstädter Steinweg wird den Angaben nach modernisiert und erhält einen Fisch-Kanu-Pass sowie eine Stelle, um Boote umzutragen. Es bleibt also spannend.
Allerdings ist der bisher verrohrte innerstädtische Bereich sehr schmal und beidseitig von hohen Stützmauern begrenzt. Dadurch wird die Sicht auf die Bebauung stark eingeschränkt. Darüber hinaus findet man kaum Ausstiegsstellen. Da werden die örtlichen Bedenkenträger nach den ersten Kenterungen bald Einschränkungen der Befahrung fordern.
Wir wenden jetzt am Stadthafen, paddeln zurück Richtung Palmgartenwehr und hier hinein in das sehr breite Elsterflutbett bis „hinauf“ zum Kanuverein Motor West. Damit haben wir die große Leipziger Runde mit 20 km beendet.
Am Abend hat Christines Tochter Anja für uns eine große Überraschung vorbereitet. Im Garten ihres Wohnhauses ist eine große Grillparty angerichtet.
Die vorbereiteten Köstlichkeiten
Herzlichen Dank, Anja. Es hat allen vorzüglich gemundet. Übrigens, Petra hat sich mit einer kleinen Spende bedankt.
Am Pfingstsonntag beginnt es am Morgen zu regnen. Wir können den Klubraum fürs Frühstück nutzen. Aber gegen 10.00 Uhr hört es auf und wir starten heute zum Cospuder See. Als wir die 1,5 km pleißeaufwärts gerade bis zum Abzweig des Floßgrabens zurückgelegt haben, ist es gerade 11.00 Uhr. Ab dieser Zeit sind wohl die Eisvögel auf Futtersuche in der Kaufhalle und die Befahrung des Floßgrabens ist freigegeben.
Im Floßgraben
Anstatt der Eisvögel treffen wir eine Entenmama mit ihren fünf Kindern.
Kuschlige kleine Entenkinder
Kurz vor dem Cospuder See müssen wir noch durch eine Schleuse
Ausfahrt aus der Schleuse Cospuden
Nach der Schleusenausfahrt können wir schon den Cospuder See mit seinen vielen Schaumkronen sehen. Ein kräftiger Westwind erzeugt in Richtung des Nordufers hohe Wellen, und wer jetzt keine geschlossene Spritzdecke hat, dessen Boot schluckt etliche Liter Wasser. Wir fahren nur um die rechte Ecke und legen gleich am Nordufer an.
Im nahen Imbiss erschöpft sich das Speisenangebot in ein paar Wiener und Pommes. Aber nach der stürmischen Anlege nehmen wir alles dankbar an. Bis zur erlaubten Rückfahrt ab 15.00 Uhr haben wir ausreichend Zeit.
Überbrückung der Wartezeit bis zur erlaubten Rückfahrt ab 15.00 Uhr
Wegen der schwierigen Einsatzbedingungen haben wir heute auf die Rückfahrt über die Weiße Elster verzichtet. Damit ist die heutige Strecke nur 11 km lang.
Am Standort unserer Fahrzeuge befinden sich auch zwei kleine Stege, die wir zum Verladen unserer Boote nutzen. Denn am Pfingstmontag wollen wir bereits am Vormittag möglichst staufrei wieder zurück nach Hause fahren. Vielleicht kommen wir in drei Jahren wieder, um die Durchfahrt auf dem Elstermühlgraben durch die Stadt zum Rosental unter die Paddel zu nehmen.